Bundesarbeitsgemeinschaft
Psychiatrie-
Erfahrener e.V.
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Der Forschungsbericht „Qualität in der rechtlichen Betreuung“
Am 6.12.2017 sind auf den Internetseiten des Bundesjustizministeriums die Kurzfassung und ein Auszug mit den zentralen Ergebnissen und die Handlungsempfehlungen des Forschungsvorhabens zur Qualität in der rechtlichen Betreuung veröffentlicht worden:
Schon nach dem ersten Querlesen lässt sich sagen: diese Betreuerlobby gefällige „Studie“ hat nur einen Zweck: Erwachsene sollen jederzeit durch eine „qualifizierte Betreuung“ bevormundet werden können. Die Volte zurück in obrigkeitsstaatlichen Paternalismus wird vorbereitet – ein bevormundender Staat soll Selbstbestimmung wieder darauf beschränken können, was Richter und Ärzte als angebliches „Wohl“ des Betroffenen bestimmen.
Zwar soll vorgeblich die Behindertenrechtskonvention (BRK) und deren Versprechen einer unterstützenden statt ersetzenden Entscheidungsfindung erfüllt werden, aber genau dem Gegenteil wird der Weg bereitet:
Die notwendige Vorbedingung für eine unterstützende Entscheidungsfindung als Betreuung ist, dass sie weder gegen den erklärten (oder natürlichen) Willen der Betroffenen aufgezwungen noch fortgesetzt werden darf. Dieses zentrale Element der BRK wird schlichtweg ignoriert*. Stattdessen sollen mit dem Forschungsvorhaben Kriterien geschaffen werden, mit denen Richter wieder die Oberhoheit über die Bürger bekommen, indem SIE deren Wohl bestimmen und unter diesem Vorwand deren Willen brechen können. Dazu brauchen sie diese „Qualifikations“-Kriterien, die sie insbesondere in einem Konfliktfall dann bei einem privat-autonom bestimmten Vorsorgebevollmächtigen für unerfüllt deklarieren, um einen angeblich „qualifizierten“ und deshalb geeigneteren Berufsbetreuer aufzwingen zu können.
Statt dass zweigleisig Betreuung und privat-autonomer Vorsorgevollmacht der Weg weiter geebnet wird, soll nun auf einmal wieder alles unter das staatlich-gerichtliche Überwachungskartell gestellt werden. Dabei wäre der einzig BRK konforme Zug, entmündigende „Betreuung“ dadurch abzuschaffen, dass sie den Betroffenen nie mehr gegen deren erklärten Willen aufgezwungen bzw. aufrechterhalten werden kann. Sie würde dann den Charakter einer Vollmacht annehmen, was Betreuung im Wortsinn nur sein kann, weil sie treu zum Betreuten sein muss und nicht treu zu dem ins Amt einsetzenden Staat sein darf. Erst dann haben die Betroffenen immer das letzte Wort.
Genau das zu verhindern, ist Sinn des derzeitigen Systems der Entmündigung. Das ist die Aufgabe der rechtlichen „Betreuer“ und jetzt soll mit Hilfe der Ergebnisse des Forschungsvorhabens zur Qualität in der rechtlichen Betreuung auch noch die Vorsorgevollmacht matt gesetzt werden.
Eine Entwicklung zu einer gewaltfreien Pflege und Psychiatrie wird unterbunden, indem diese von der BRK versprochene Vorbedingung eben gerade NICHT erfüllt wird, sondern es soll der Berufsbetreuung eine „Qualifizierung“ verordnet werden, um angeblich deren „Qualität“ zu steigern. Tatsächlich würden Gerichte damit stattdessen die „Eignung“ der Vorsorgebevollmächigten in Frage stellen können.
Ergebnis: in jedem Konfliktfall, in dem ein Vorsorgebevollmächtigter den Anordnungen eines Arztes widerspricht, soll den Richtern wieder freie Hand gelassen werden, angeblich „qualifizierte“ Berufsbetreuer gegen Vorsorgebevollmächtigte auszuspielen. So soll wieder die Entscheidungsmacht über die Betroffenen durch dafür vom Gericht beauftragte, gefügige Betreuer erlangt werden.
Solange es weiter das mit der BRK unvereinbare Aufzwingen einer Bevormundung – irreführend „Betreuung“ genannt – gibt, darf unter keinen Umständen diesem Zugriff des Staates durch seine Gerichte auch nur ein Spaltbreit weiter die Tür geöffnet werden. Betreuer dürfen unter diesen Umständen NIEMALS irgendein staatlich reglementiertes Qualitätssiegel erhalten, solange die Qualitätskontrolle eben nicht dadurch bei den Betroffenen liegt, dass sie die Betreuung jederzeit kündigen können, sondern beim beauftragenden Gericht verbleibt.
Mag der Ärzte/Richterfilz die dann neu gewonnene Macht auch nicht immer ausspielen, alleine durch die Option, mit Zwang und Gewalt ihre Vorstellungen durchsetzen zu können, würde die Situation wieder völlig ins Autoritäre abgleiten.
Dass es nicht bei einer Option bleiben würde, ist durch die gerichtliche Praxis bewiesen, in der jede mögliche Lücke gegen die Selbstbestimmung genutzt wird: eine solche Rechtsprechung wurde durch die Konstruktion gerechtfertigt, die ein richterlich bestimmtes Wohl dem in einer Vollmacht subjektiv bestimmten Wohl entgegensetzte und damit das vom Gesetzgeber eigentlich favorisierte Subsidiaritätsprinzip aushebelte. So wurden immer wieder der Vorrang einer privat-autonomen Bevollmächtigung durch eine einschränkende Auslegung des § 1896 Abs. 2 BGB unterlaufen, um Bevollmächtigte, die ärztlich unerwünschte Entscheidungen trafen, durch gerichtsbestimmte Betreuer zu ersetzen. Z.B. kam das Berliner Kammergericht in seinen Beschlüssen vom 14.03.2006 (1 W 134/05; 1 W 298/04; 1 W 340/04) und vom 31.10.2006 (1 W 448/04) zu dem Schluss, es sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass dem Willen der Vollmachtgeberin nicht gefolgt werde. Das Kammergericht bestätigte folgerichtig einen Beschluss des Berliner Landgerichts vom 8.6.2004 (83 T 128 + 472/03), das die Voraussetzungen für eine „Vorratsbetreuung“ als gegeben ansah, mit der Konsequenz einer über weitere Jahre hinweg aufgezwungenen Bevormundung (die Betroffene beendete diese jahrelange Negierung, Subjekt zu sein, am 10.1.2008 gewaltsam durch ihren Tod).
Diese Erfahrung wird durch eine aktuelle Entscheidung des BGH nochmals bestätigt.
Entsprechend jubeln und frohlocken die Berufsbetreuer schon, siehe hier. Aufgrund des Forschungsberichts phantasieren sie schon von einer sofortigen 55% Erhöhung ihrer Stundensätze durch 25 % mehr Geld für ein 24 % größeres Zeitbudget, macht 155% der jetzigen Bezahlung, siehe hier.
Dabei wissen wir: Betreuer sind ärztehörig. Einer erreichte sogar in einem Präzedenzfall durch ein Verfahren durch alle Instanzen bis zum Verfassungsgericht, dass in Zukunft eine 63 jährige Frau, deren Betreuer er war und die an Krebs erkrankt war, gegen ihren Willen mit einer Brustamputation, Brustbestrahlung und Knochenmarkspunktion zur weiteren Diagnostik behandelt würde! Das neue Gesetz, das die Betreuer damit initiiert haben, ist inzwischen in Kraft getreten. Als „Klient“ solcher „Betreuer“ kann man nun z.B. an allen 4 Extremitäten gefesselt, auf eine Trage geschnallt in einen Operationssaal überführt werden, wird dort – gegen den Willen – narkotisiert und verstümmelt, wacht z.B. mit abgeschnittener Brust auf. Zur weiteren Diagnostik wird mit Zwang eine Knochenmarkspunktion durchgeführt und die Brust zusätzlich zwangsweise bestrahlt werden können. Wieder hat sich bewiesen, dass Betreuer die Büttel der Ärzte und Richter sind, mit deren Hilfe ein Mensch zu einem Stück Fleisch entwürdigt wird, dessen geäußertes „Nein“ völlig ignoriert werden kann.
Im Ergebnis haben das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik und die beaufsichtigende Frau Prof. Dr. Dagmar Brosey völlig versagt. Der Bericht ihres Forschungsvorhabens beweist nur eins: dass er eine Gefälligkeit für die Berufsbetreuer ist. Die Betroffenen werden dabei mal wieder nur wie ein Verwaltungsgegenstand behandelt.
[siehe auch: „BETREUUNG“ = erzwungene Stellvertretung = ENTMÜNDIGUNG]
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* Offen zugegeben wird in dem Bericht, dass „Betreuung“ dafür gebraucht wird, Zwangsmaßnahmen zu beantragen und durchzusetzen:
Seite 24 Handlungsempfehlung 42:
Die Gerichte sollten, wenn sie die Genehmigung zu einer Zwangsmaßnahme erteilen, mit dem Betreuer einen Mindestrhythmus zur Überprüfung der Erforderlichkeit definieren..
Seite 29 Handlungsempfehlung 50:
Bereits bei der Einrichtung der Betreuung sollte das Betreuungsgericht in solchen Fällen, in denen der Betreuer mit entsprechenden Aufgabenbefugnissen betraut ist, erläutern, unter welchen Voraussetzungen freiheitsentziehende Maßnahmen oder eine medizinische Zwangsbehandlung erforderlich sein können…
Und weiter unten:
Sonstige Entscheidungen gegen den Willen des Betreuten
Die Angehörigen- und Fremdbetreuer geben an, dass es bei der Mehrheit ihrer Betreuten in den vergangenen zwölf Monaten nicht nötig war, eine Entscheidung gegen den Wunsch des Betreuten zu treffen. Bei einem Fünftel der Betreuten von Angehörigenbetreuern wurde dagegen seltener als einmal monatlich gegen den Willen des Betreuten entschieden, bei einigen wenigen Betreuten war dies aus Sicht der Betreuer sogar mehrmals im Monat nötig