Zwangsbehandlung
auch gegen den Willen eines Betreuten? Eine Nachfrage bei den Vormundschaftsgerichten Es mag auf
den ersten Blick eine innere Logik haben, dass ein Betreuter, der zu Behandlungszwecken
gemäß § 1906 Abs.1 Nr.2 BGB geschlossen untergebracht
wird, dort auch gegen seinen Willen behandelt werden darf. Im
Zuge der Rechtsprechung des BGH 1 sind insbesondere
in Entscheidungen des OLG Celle 2 jedoch Zweifel darüber
aufgekommen, § 1906 Abs.1 Nr. 2 BGB als Rechtsgrundlage für
eine Zwangsbehandlung anzunehmen. Dieser Sachverhalt war für das Institut für Grundrechte und öffentliche Sicherheit an der Freien Universität Berlin Anlass, bei den Vormundschaftsgerichten in einer Totalerhebung nachzufragen, wie es um die Wahrung der Grundrechte bei der Zwangsbehandlung eines Betreuten stehe. An der Umfrage haben 388 Vormundschaftsgerichte von angeschriebenen 694, also mehr als 50 von Hundert teilgenommen. 1. Der Beschluss des OLG Celle 17 W 37/05 vom 10.08.2005 4 Der Beschluss
des OLG Celle vom 10.08.2005, 17 W 37/05, setzt sich mit der Frage der
Zulässigkeit der Zwangsbehandlung eines Betreuten während einer
betreuungsrechtlichen Unterbringung nach § 1906 Abs. 2 BGB zum Zwecke
der Heilbehandlung auseinander: Aus ärztlicher Sicht sei der Patient, so die Ausgangsentscheidung in ihren Gründen, als dringend behandlungsbedürftig anzusehen. Eine Entlassung sei nicht vertretbar, da damit gerechnet werden müsse, dass sich der aus ärztlicher Sicht behandlungsbedürftige Betreute gefährde und sich sein Gesundheitszustand verschlechtere. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes hat das Landgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, dass die medikamentöse Behandlung des Betreuten unumgänglich und eine Besserung des Krankheitsbildes nur bei Behandlung mit Neuroleptika denkbar sei. Ohne diese Behandlung, sei keine Besserung seines schweren Krankheitsbildes möglich. Diese müsse darum auch gegen seinen Willen vorgenommen werden. Gegen diese Entscheidung hat der von Zwangsmedikation Betroffene erneut sofortige Beschwerde eingelegt. Der 17. Zivilsenat des OLG Celle hat sie für begründet erachtet. Er hat die angefochtene Entscheidung des Landgerichts zunächst aufgehoben, um das Verfahren auch aus anderen Gründen an das Landgericht zurück zu verweisen. Entgegen der den Beschlüssen stillschweigend zugrunde liegenden Auffassungen des Amtsgerichts und Landgerichts sei, so das OLG Celle in seiner Entscheidung, eine Zwangsbehandlung auf betreuungsrechtlicher Grundlage rechtlich nicht zulässig und daher nicht genehmigungsfähig. Der 17. Zivilsenat des OLG vertritt in seiner Entscheidung im Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Thüringen in 2002 5 die Auffassung, auch die stationäre Zwangsbehandlung sei auf der Grundlage des Betreuungsrechts als rechtlich nicht zulässig anzusehen 6. Eine ausreichenden Rechtsgrundlage fehle. Das OLG Celle lehnt sich hierbei an die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur ambulanten Zwangsbehandlung 7 an. Die in der Rechtsprechung geäußerte Gegenmeinung 8 unterstelle die betreuungsrechtliche Zwangsmedikation grundsätzlich als zulässig. Sie sehe die Regelungen des § 1906 Abs.1 Nr.2 bzw. des § 1906 Abs.4 BGB als ausreichende Rechtsgrundlage an. Als ausfüllendes Kriterium für die Zulässigkeit der Zwangsbehandlung reiche deren Verhältnismäßigkeit angesichts der ansonsten drohenden gewichtigen Gesundheitsschäden aus. Dabei werde teilweise die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit auf die Fälle lebensnotwendiger Behandlungen beschränkt. Diese Gegenmeinungen verwirft der Senat des OLG Celle als unzutreffend. Unter Hinweis
auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes 9 und
des Bundesverfassungsgerichts 10 vertritt der Senat
den Standpunkt, jede Zwangshandlung gegen den Widerstand des Betreuten
bedürfe einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage durch ein formelles
Gesetz. Damit thematisiert
eine höchstrichterlichen Entscheidung die Frage der Zulässigkeit
einer medikamentösen Zwangsbehandlung eines Betreuten unter dem Aspekt
des Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit Art. 2 Abs. 2 Satz
1 GG. Wegen des Gesetzesvorbehaltes darf in Grundrechte grundsätzlich
nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes eingegriffen werden, Art.
2 Abs. 2 S. 2 GG. Bei einer Zwangsbehandlung wird in das Grundrecht der
körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eines Betreuten
eingegriffen, bei einer Unterbringung in das Grundrecht der Freiheit der
Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Der sprachlich eindeutige Gesetzestext des § 1906 BGB enthalte, so der Senat, nur die Befugnis zur Unterbringung bzw. unterbringungsähnlichen Maßnahmen, nicht jedoch die Befugnis zur deutlich schwerwiegenderen Zwangsbehandlung. Zwar könne der Wortlaut des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nahe legen, dass derjenige, der zu Behandlungszwecken geschlossen untergebracht sei, dort auch gegen seinen Willen behandelt werden dürfe. Der Gesetzgeber des Betreuungsgesetzes sei dieser Annahme jedoch ausdrücklich nicht gefolgt und habe von der gesetzlichen Regelung der Zwangsbehandlung ausdrücklich abgesehen 12. Dementsprechend habe der Gesetzgeber auch die Zwangsbefugnisse für den Betreuer geregelt. In § 70g Abs.5 FGG habe er die Befugnis zur Gewaltanwendung nur vorgesehen, um den Betreuten eventuell zwangsweise unterzubringen, nicht jedoch, ihn auch zwangsweise zu behandeln. Vor diesem Hintergrund sei die Regelung des § 1906 BGB nicht als hinreichende formelle Rechtsgrundlage für eine Zwangsbehandlung anzusehen. Eine andere Rechtsgrundlage für die Zwangsbehandlung nach den Landesgesetzen sei nicht ersichtlich. Aus diesem Grund sei die Rechtswidrigkeit der Zwangsbehandlung des Betroffenen festzustellen. 2. Die Fragestellung an die Vormundschaftsgerichte In der Praxis
der Rechtsprechung der Vormundschaftsgerichte wie auch bei der Anwendung
von Zwang bei der medikamentösen Behandlung Betreuter mit Neuroleptika
im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906 BGB in einer psychiatrischen
Anstalt nahm man bisher überwiegend an, die Zwangsbehandlung während
einer stationären Unterbringung auf einer geschlossenen Abteilung
durch den Betreuer sei nach § 1906 Abs. 1 BGB zulässig.
Sie werde durch die Entscheidung des BGH zur ambulanten Zwangsbehandlung
13 nicht berührt. Im Anschluss an die bisherige Rechtsprechung, der sich in neueren Entscheidungen auch der 9. Zivilsenat des OLG Thüringen in Abkehr von früheren Entscheidungen des in 2002 befassten 6. Zivilsenates wieder angeschlossen hat, leitete man aus den Regelungen des § 1906 Abs.1 Nr.2 bzw. des § 1906 Abs.4 BGB eine ausreichende Rechtsgrundlage nicht nur für die freiheitsentziehenden Maßnahmen, sondern auch für die Zwangsbehandlung eines Betreuten mit Neuroleptika ab. Kriterium für die Zulässigkeit der Zwangsbehandlung sei deren Verhältnismäßigkeit angesichts ansonsten drohender gewichtiger Gesundheitsschäden. Vor diesem Hintergrund wurde allen bundesdeutschen Vormundschaftsgerichten der zu Beginn der Erhebung unveröffentlichte Beschluss des OLG Celle 14 verbunden mit den Fragen zugesandt, ob dieser Beschluss des OLG Celle vom 10.08.2005 auf künftige Entscheidungen in der jeweiligen vormundschaftsgerichtlichen Praxis Einfluss haben werde? Inwieweit sehe man die Entscheidung als bindend für die Rechtsprechungspraxis der jeweils befragten Vormundschaftsgerichte an? Im Einzelnen wurden sämtliche 694 bundesdeutsche Vormundschaftsgerichte gebeten, prognostisch für ihre künftige Entscheidungen unter folgenden Optionen auszuwählen:
Die Gerichte wurden außerdem gebeten, gegebenenfalls ihre jeweilige Einschätzung zu kommentieren. Insgesamt haben von 694 angefragten Gerichten 388, mithin 56 % die Anfrage des Institutes für Grundrechte und öffentliche Sicherheit an der FU Berlin beantwortet. Unter den 388 Antworten waren 66 Antworten ohne eindeutige Zuordnung zu den Fragen. Teilweise wurde dieses Versäumnis mit differierenden Rechtsansichten der einzelnen mit vormundschaftsgerichtlichen Angelegenheiten befassten Richter eines Gerichtes begründet. Teilweise verwiesen die 66 nicht eindeutigen Antworten der Amtsgerichte auf Erlasse der Ministerien, die die Teilnahme an Forschungsprojekten und damit an der Befragung von einer ministeriellen Zustimmung abhängig machten. In mehreren Antwortschreiben wurde eine Teilnahme aus Zeitgründen abgelehnt. Eine größere Anzahl der Vormundschaftsgerichte, die ohne eindeutige Zuordnung antworteten, wollte keine schematisierte Antwort geben und verwies auf die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung. Dabei sollte teilweise der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Tragen kommen. Einzelne Antwortschreiben enthielten auch den Hinweis, man habe derartige Fälle in der Praxis noch nicht entschieden. Im Ergebnis schlossen sich 98,7 15 der befragten Gerichte, also 25,5 %, vorbehaltlos dem Urteil des OLG Celle an: Die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung einer Behandlung gegen den Willen eines Betreuten sei abzulehnen. 144, 6 der befragten Gerichte, mithin 37 % lehnten die Beschlussfassung des OLG Celle zur Unzulässigkeit der Zwangsbehandlung ab und sahen in Einklang mit der Rechtsprechung des OLG München und des OLG Schleswig 16 in Regelungen des § 1906 Abs.1 Nr.2 bzw. des § 1906 Abs.4 BGB eine hinreichende Rechtsgrundlage. In der Hauptsache wurden Praktikabilitätserwägungen geäußert. In der Praxis sei eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht durchführbar und sinnentleert, enthielte die Rechtsnorm nicht zugleich eine Ermächtigungsgrundlage zur Behandlung gegen den Willen. Eine Unterbringungsgenehmigung zum Zwecke der Heilbehandlung, so die hier vielfach geäußerte Meinung, liefe ansonsten auf eine bloße Verwahrung hinaus. Eine andere Sicht der Dinge allerdings, so die Meinung der ablehnenden Gerichte, sei gleichwohl zu vertreten, 17 falls eine Patientenverfügung vorliege und der erklärte Wille des Betroffenen einer Zwangsbehandlung mit Neuroloeptika entgegenstehe. Das war der Sachverhalt im vom OLG Celle entschiedenen Fall, wenngleich der Senat in seinen Entscheidungsgründen ´obiter dictum´ keinen Zweifel daran beließ, dass er in der geltenden gesetzlichen Regelung keine Rechtsgrundlage für eine Zwangsbehandlung sehe. 79,5 der befragten Gerichte, also 20,5 %, wollten den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stärker als bisher in die jeweilige Meinungsfindung einfließen lassen, ob Zwangsbehandlung im Einzelfall zulässig sei oder nicht,. Hier wurde eine Entscheidung zur Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung verstärkt von der jeweiligen Einwilligungsfähigkeit, partiell aber auch vom Vorhandensein eines natürlichen Willens abhängig gemacht. In den geäußerten
Meinungen der befragten Gerichte ist indes durchweg der Wunsch nach Rechtsklarheit
zu erkennen, vornehmlich durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes
aber auch durch gesetzgeberisches Handeln.
3. Die Praxis der Rechtsprechung der Vormundschaftsgerichte Die Befragung der Gerichte zur Anwendung der Grundrechte im Rahmen einer stationären Behandlung zeigt erhebliche Differenzen, teilweise selbst innerhalb des Fachbereiches der einzelnen Gerichte auf, wenn es um die Frage der Zulässigkeit der Zwangsbehandlung bei einem Betreuten geht. Auf die grundrechtsrelevante und vom OLG Celle thematisierte Frage, dass eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Anwendung von Zwang gegen den körperlichen Widerstand des Betroffenen bei der Medikation mit Neuroleptika und den damit verbundenen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nicht gegeben sei, gehen die Antworten in der überwiegenden Mehrzahl nicht ein. Häufig äußern die Fachgerichte in diesem Zusammenhang, dass sich jedwede schematische Lösung in Unterbringungssachen verbiete und der Einzelfall zu prüfen sei, obgleich für Einzelfallentscheidungen und Prüfung derselben kein Raum sein kann, wenn und soweit grundrechtliche Fragen hinsichtlich der Eingriffsnorm hinreichend geklärt wären. Dies aber ist, zumindest unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des OLG Celle, nicht der Fall. Vielfach dürfte das Grundrechtsverständnis der Amtsgerichte bezüglich künftiger Entscheidungen zur Genehmigung einer medikamentösen Zwangsbehandlung primär durch Praktikabilitätserwägungen geprägt sein. Die einschlägige Ansicht verweist darauf, man lasse ansonsten der Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung einen Verwahrcharakter zukommen und entleere die Norm des § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ihres Sinnes. In diesem Zusammenhang ist auch der Verweis einzelner Gerichte vorzufinden, dass man "bislang immer selbstverständlich vorausgesetzt" habe, "eine Unterbringung von Betroffenen" gestatte auch die Zwangsmedikation der untergebrachter Personen durch die in der Psychiatrie behandelnden Ärzte. Diesem Selbstverständnisses gemäß habe man in der bisherigen Praxis auch keine Anträge auf Genehmigung einer Behandlung gegen den Willen eines Betroffenen bearbeitet, sondern im Zuge einer Unterbringung nach § 1906 Abs.1 Nr.2 BGB eine Zwangsbehandlung mehr oder minder geduldet. Die Fachgerichte bewerten die Frage der Zulässigkeit einer Zwangsbehandlung in der vormundschaftsgerichtlichen Praxis äußerst unterschiedlich. Je nach zuständigem Vormundschaftsgericht, teilweise auch je nach Zuständigkeit des befassten Vormundschaftsrichters im Rahmen des Geschäftsverteilungsplanes des Gerichtes wird eine Zwangsbehandlung eines Betreuten als zulässig erachtet oder mangels Rechtsgrundlage abgelehnt.. So entscheidet letztlich der Zufall des Gerichtsorts, ob und inwieweit der jeweils Betroffene einer solchen Maßnahme gegen seine Widerstand in einer psychiatrischen Anstalt mit Neuroleptika behandelt wird oder nicht. Gleichwohl haben eine größere Anzahl der befragten Gerichte die Anfrage dahingehend beantwortet, die Rechtsprechung des OLG Celle in eigenen künftigen Entscheidungen zu berücksichtigen und die Behandlung eines Betreuten gegen seinen Willen mit Neuroleptika künftig mangels Rechtsgrundlage nicht zu genehmigen. Lediglich drei der gefragten Gerichte gaben allerdings an, dies sei auch bisherige Rechtsprechung des befragten Fachgerichtes gewesen. 4. Die Zulässigkeit der Zwangsbehandlung eines Betreuten Soweit die bisherige Praxis der Vormundschaftsgerichte in der Mehrzahl eine medikamentöse Behandlung mit Neuroleptika gegen den Widerstand eines Betreuten für genehmigungsfähig hält, dürfte dies entgegen der so geäußerten Meinungen nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in seinem Beschluss vom 11.10.2000 18 stehen. In seinen Entscheidungsgründen führt der BGH insoweit aus, eine Medikationen gegen den Widerstand eines Betreuten stelle nicht einen lediglich in der Dauer gegenüber der Unterbringung beschränkten Eingriff in das Freiheitsrecht des Betroffenen dar, sondern eine andersartige Maßnahme 19. Entsprechend geht der BGH in seiner Entscheidung auch davon aus, eine Behandlung im Rahmen des § 1906 Abs.1 Nr.2, Abs. 4 BGB selbst erfolge "ohne körperlichen Zwang" 20. Den befragten Fachgerichten ist insoweit bei Auslegung und Anwendung des § 1906 BGB vorzuwerfen, nicht hinlänglich zwischen Unterbringung eines Betreuten einerseits und Zwangsmedikation andererseits zu unterscheiden. In dem ersten Fall geht es um das Grundrecht der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, im zweiten Fall um das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In beide Grundrechte darf nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden (Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG). Soweit die befragten Vormundschaftsgerichte in größerer Anzahl eine Praktikabilitätslösung bezüglich der künftigen Handhabe einer Unterbringungsgenehmigung dahingehend favorisiert, dass mit einer solchen Unterbringungsgenehmigung insbesondere nach § 1906 Abs.1 Nr. 2 BGB zum Zwecke der Heilbehandlung zugleich eine Ermächtigung zumindest zur Genehmigung zur zwangsweisen Durchführung einer solchen Behandlung gesehen wird, wäre dieser Sicht der Dinge eine Preisgabe von grundrechtlich geschützten Positionen gerade eines psychisch Kranken ohne Rechtsgrundlage vorzuwerfen. Eine Rechtsmacht
zur Unterbringung geht nach dem Grundrechtsverständnis des BGH und
des Bundesverfassungsgerichtes 21 nicht automatisch
mit der Macht zur Durchsetzung des Zweckes der getroffenen Entscheidung,
Heilbehandlung, einher 22. 5. Ausblick, der Vorlagebeschluss des OLG Celle vom 21.12.2005 23 In einer weiteren Entscheidung vom 21.12.2005 hat das OLG Celle seine Rechtsansicht bekräftigt, eine Genehmigung zur Behandlung gegen den Willen eines Betreuten mangels Rechtsgrundlage zu versagen. Es hat eine Zwangsbehandlung mangels Zulässigkeit abgelehnt und die Sache als Divergenzvorlage gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt. Der Gesetzgeber habe, so der Senat, die Zwangsbefugnisse für den Betreuer abschließend geregelt und in § 70g Abs. 5 FGG die Befugnis zur Gewaltanwendung nur für die Zuführung zur Unterbringung nicht jedoch auch zur Durchsetzung einer Behandlung vorgesehen. Diese Wertung habe der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz noch einmal bestätigt, in dem er abweichend von dem Vorschlag des Bundesrates 24 eine Erweiterung der Zwangsbefugnisse des Betreuers abgelehnt habe 25. In Hinblick auf den Umstand, dass der 17. Zivilsenat des OLG Celle beabsichtigt, von den Entscheidungen des OLG München und des OLG Schleswig 26 abzuweichen, die die Regelung des § 1906 BGB als ausreichende gesetzliche Grundlage für die stationäre Zwangsbehandlung ansehen, hat der erkennende Senat des OLG Celle die Sache dem Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs.2 FGG (Divergenzvorlage) vorgelegt. Dessen Entscheidung verbleibt zuzuwarten. Möglicherweise wird von einer solchen Entscheidung die in den eingegangenen Antworten der Befragung erhoffte Rechtsklarheit geschaffen. Eine sachgerechte Entscheidung würde dem Umstand Rechnung tragen, dass das in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf körperliche Unversehrtheit Berücksichtigung auch bei einem Menschen mit einer seelischen Erkrankung finden muss, der es ablehnt, seine körperliche Unversehrtheit selbst dann preiszugeben, wenn er dadurch von einem Leiden befreit wird. Niemand, so auch die Rechtsprechung der Strafsenate des BGH, darf sich zum Richter in der Frage aufwerfen, unter welchen Umständen ein anderer vernünftigerweise bereit sein sollte, seine körperliche Unversehrtheit zu opfern, um dadurch wieder gesund zu werden 27.
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