Bundesarbeitsgemeinschaft
 Psychiatrie-
  Erfahrener e.V.

Staatsanwalt Bochum
Josef-Neuberger-Straße 1 
  
44787 Bochum


  
Karlsruhe, 28.06.2018 
Mein Zeichen: 36/18 

 

In der neuen Strafsache gegen

Dr. Jakov Gather, Anschrift unbekannt, Geschäftsanschrift: „Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin", Ruhr-Universität Bochum, Malakowturm - Markstraße 258a, 44799 Bochum und

Prof. Dr. Dr. Jochen Vollmann, Anschrift unbekannt, Geschäftsanschrift: „Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin", Ruhr-Universität Bochum, Malakowturm - Markstraße 258a, 44799 Bochum

 

Hier zeige ich an, daß mich die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener beauftragt hat, Strafanzeige gegen die Beschuldigten zu erstatten. Ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert und schriftliche Vollmacht bei Bedarf nachgereicht werden.

 

Namens und im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrieerfahrener erstatte ich

 

Strafanzeige

 

gegen die vorbezeichneten Beschuldigten, namentlich wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, der versuchten Anstiftung zur schweren Körperverletzung und wegen aller anderen in Betracht kommenden Straftaten.

 

Begründung:

 

A. Sachverhalt

 

Die Beschuldigten haben in der im Thieme-Verlag erscheinenden Zeitschrift „Psychiatrische Praxis", 2017; 44(06): 313-314 einen Beitrag veröffentlicht unter dem Titel: „Elektrokonvulsionstherapie unter Zwang? - Pro",
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/htm1/10.1055/s-0043-116921 , in dem sie die Folterung bestimmter, nämlich für psychisch krank erklärter, Menschen mittels Elektroschocks propagieren (Beweis: Anlage 1).

Sie behaupten darin zunächst wahrheitswidrig, bei Elektroschockfolter handele es sich um eine rechtmäßige „Behandlung". Weiter behaupten sie wahrheitswidrig in dem inkriminierten Beitrag: „Unter medizinischen Gesichtspunkten stellt die EKT neben Psychopharmaka ein etabliertes, jahrzehntelang praktisch erprobtes und wissenschaftlich evidenzbasiertes Therapieverfahren dar, das bei sachgerechter Anwendung durch eine hohe Wirksamkeit und geringe, meist passagere Nebenwirkungen gekennzeichnet ist."

Selbstverständlich handelt es sich hierbei in keinster Weise um eine medizinische Behandlung sondern schlicht um Folter.

Zum einen ist die Psychiatrie keine medizinische Disziplin, sondern eine Ideologie bzw. Religion. Bislang hat diese Ideologie keinen Beweis für die Existenz psychischer Krankheiten, ja noch nicht einmal einer „Psyche" oder „Seele" angetreten. Der Psychiatrieerfahrene Deisenhofer schreibt hierzu treffend:

„Man muss sich dabei vor Augen halten, dass die Psychiatrie nicht in dem Sinn eine exakte Disziplin der Medizin ist wie etwa die Kardiologie oder die Orthopädie. Es gibt bis heute keine biologischen Erkennungsmerkmale für psychische Krankheiten. Die Grundlage einer Diagnose ist immer das Verhalten oder die verbale Aussage eines Patienten und die Subjektivität des Diagnostizierenden. " (vgl. Alfred Deisenhofer, Münchner Psychiatrie-Erfahrene [MüPE] e.V.,
http://www.bpe-online.de/infopool/gesundheit/pb/deisenhofer.htm ).

Es handelt sich schlicht um Phantasmen einiger Pseudowissenschaftler, die den Verbraucher, den Patienten und die Justiz für dumm verkaufen wollen. Psychische Krankheiten sind keine Tatsachen, die dem Beweis zugänglich sind. Es sind schlicht Vermutungen und Meinungen, sprich sie sind ein Glaubensbekenntnis.

 

Wer dieses Glaubensbekenntnis der Psychiater nicht teilt setzt sich, wie im Mittelalter, einer Art Exorzismus aus. Dabei sollen diejenigen, welche die Ideologie der Psychiatrie ablehnen mit Gewalt gewissermaßen „katholisch gemacht", also zur Übernahme des psychiatrischen Glaubensbekenntnisses gezwungen werden. Hierbei spielt es natürlich keine Rolle ob die Folter mittels psychoaktiver Drogen oder mittels Elektroschocks erfolgt. Insofern gibt es hier keinen Unterschied zu begründen und auch keine Abstufung. Wie jedes Instrument der Psychiatrie ist auch die EKT ein „ordnungspolitisches Disziplinierungsinstrument". Dies zeigt sich auch darin, daß diese Praktik in der Vergangenheit namentlich gegen Schwule und Lesben eingesetzt wurde, um diese zur „rechten Sexualität" zu erziehen (vgl. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42787427.html, http://www.queer.de/detail.php?article id=26782). Es zeigt sich aber auch weiterhin überall dort, wo Menschen, die nicht dem Mainstream entsprechen, angepaßt werden sollen. Gerade dies macht die EKT, wie auch die verbreitetere Psychopharmaka-Behandlung zur Folter (vgl. insofern den Bericht des VN-Folterbeauftragten vom 04.03.2013, https://www.zwangspsychiatrie.de/cms-67UN/wp-content/uploads/2017/09/Juan_Mendez.pdf).

 

Daher sind die von den Beschuldigten propagierten Methoden, einerlei ob Versetzung der Opfer mit Psychopharmaka oder deren Mißhandlung mittels Strom, zum anderen in keinster Weise eine bewährte und getestete medizinische Behandlung. Es handelt sich überhaupt nicht um eine Behandlung sondern um eine Mißhandlung. Weder zielt diese dazu zu heilen, noch Leiden zu lindern. Sie zielt vielmehr darauf ab Leiden zu mehren.

 

Daß die Beschuldigten vorgeben, die Psychiatrie handle aus anderen Motiven ändert an den Tatsachen nichts und ist schlicht eine Schutzbehauptung. Der Umstand, daß die Beschuldigten hier unter ihren Fußnoten 4 und 5 des Beitrags zwei Fundstellen, Folkerts und Grözinger, anführen ändert nichts daran, daß ein medizinischer Nutzen einer Elektroschockbehandlung nicht bewiesen ist. Die beiden zitierten Fundstellen sind lediglich Meinungen, die ebensolchen strafrechtlichen Bedenken begegnen, wie der hier inkriminierte Beitrag. Zudem sind sie offenbar weder hinreichend tatsachenbasiert noch aktuell.

 

Die Beschuldigten verschweigen hierbei, daß es durchaus Psychiater gibt, welche die EKT als unwissenschaftlich und menschenrechtsverletzend ablehnen (vgl. Zinkler u.a.,
https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00115-018-0558-5#citeas, 20.06.2018, Anlage 2).

Bestritten wird auch, daß viele Betroffene die Elektro-Mißhandlung retrospektiv guthießen. Opfer dieser Mißhandlung berichten das Gegenteil. So kennt der engagierte Psychiatrieerfahrene Alfred Deisenhofer keinen einzigen ehemaligen EKT-Patienten, der diese „Behandlung" retrospektiv begrüßt hätte (vgl. Alfred Deisenhofer, aaO.). Möglich erscheint allenfalls, daß die traumatischen Erlebnisse und ein gewisser Selbstschutz in einer Bedrohungslage viele Opfer solcher Strom-Mißhandlungen dazu veranlaßt zur Schadensbegrenzung Falschangaben gegenüber Psychiatern zu machen (vgl. Deisenhofer, aaO.). Selbst wenn tatsächlich eine nennenswerte Anzahl an EKT-Geschädigten diese Methode retrospektiv guthieße, wären daher Zweifel an der Freiverantwortlichkeit solcher Gutheißungen angebracht. Möglicherweise sind gerade durch diese Mißhandlung Schäden entstanden, die die Betroffenen nicht mehr zu einer freiverantwortlichen geistigen Entscheidung befähigen. Oder aber die Foltermethoden hätten ihren Einschüchterungseffekt nicht verfehlt. hlt. Mithin: EKT ist eine gelungene Gehirnwäschetechnik.

 

B. Rechtslage

 

Aufgrund der öffentlichen Äußerungen der Beschuldigten besteht gegen diese zumindest der Anfangsverdacht einer Volksverhetzung und der versuchten Anstiftung zum Verbrechen der schweren Körperverletzung.

 

1. Volksverhetzung

 

1. Tatbestandsmäßigkeit

 

Gemäß § 130 Abs. 1 StGB ist der Volksverhetzung strafbar, wer schuldhaft und rechtswidrig

 

[...] in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

 

1.

gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

 

2.

die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig

verächtlich macht oder verleumdet,

[... ]

 

Die Beschuldigten haben unzweifelhaft öffentlich dazu aufgerufen psychiatrisierte Menschen unter Strom zu setzen und ihnen so schwerste Schmerzen und Verletzungen zuzufügen. Dieses Verhalten ist geeignet, zu Protesten und Demonstrationen zu führen, wie die Reaktion der Betroffenenorganisationen in vorliegendem Schriftsatz bereits zeigt. Psychiatrisierte Menschen stellen einen Teil der Bevölkerung dar, der für sich abgrenzbar und bestimmbar ist. Die Beschuldigten haben daher zu Gewaltmaßnahmen gegen einen abgrenzbaren Teil der Bevölkerung aufgerufen und gefährden hierdurch das friedliche Zusammenleben der Menschen in unserem Land.

 

2. Keine Rechtfertigung

 

Eine Rechtfertigung für ihr Handeln ist nicht ersichtlich.

 

Die Beschuldigten können sich insbesondere nicht auf die Meinungsfreiheit berufen. Zwar fallen auch medizinische Theorien und Lehrmeinungen unter die Meinungsfreiheit. Zum einen aber handelt es sich bei den Entgleisungen der Beschuldigten nicht um eine medizinische Theorie und sind diese auch nicht auf eine solche gegründet, wie oben ausgeführt worden ist. Vielmehr geht es um bloße pseudowissenschaftliche Vermutungen zu einem angeblichen Seelenleben und dessen angebliche Störung bzw. Behandlung.

Zum anderen gilt die Meinungsfreiheit hilfsweise auch nicht schrankenlos. Sie findet ihre Schranken vielmehr in den Rechten anderer, namentlich in deren Recht auf körperliche Unversehrtheit und ihre absolute Schranke in der Menschenwürde.

Das zwangsweise Stellen eines Menschen unter Starkstrom zum Zwecke der Zerstörung oder Teil-Zerstörung seines Gehirns und damit seiner Persönlichkeit degradiert diesen zum bloßen Objekt einer gesellschaftlichen Ideologie und verletzt in jeder Hinsicht dessen Würde als Mensch. Zudem ist eine Verletzung seiner körperlichen Unversehrtheit evident. Die Meinung, solch ein Verbrechen sei nützlich und zu fördern, fällt daher nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit.

Daß die Beschuldigten mit ihrem Beitrag auch mindestens billigend in Kauf nahmen, hierdurch zu Gewalthandlungen gegen Teile der Bevölkerung anzustacheln ist offensichtlich. Sie rechneten damit, daß ihre Empfehlungen auch umgesetzt und Menschen daraufhin in den von ihnen beschriebenen Szenarien unter Strom gesetzt werden.

Eine Rechtfertigung der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit durch die Situation einer „krankheitsbedingten Krankheitsuneinsichtigkeit" scheidet, unabhängig von der Unangemessenheit der besagten „Behandlungsmethode", aus. Denn ein solch schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit kommt allenfalls - wenn überhaupt - nur dann in Betracht, wenn der Betroffene der entsprechenden Maßnahme zuvor frei verantwortlich zugestimmt hat. Auch dann bestehen diesseits im Hinblick auf § 228 StGB noch Bedenken hinsichtlich der Einwilligungsfähigkeit von psychopharmakologischen und Elektro-Therapien. Geht man aber einmal von der strafrechtlichen Einwilligungsfähigkeit in solch krasse Eingriffe aus, so wäre eine antizipierte und zweifelsfrei wirksame Einwilligung in solche Handlungen unabdingbar. Eine nachträgliche Genehmigung kann hier schon deshalb nicht genügen, weil deren Freiverantwortlichkeit gerade nach der durchgeführten - möglicherweise persönlichkeitsverändernd wirkenden - Behandlung hinterfragt werden muß.

Man wird insofern fordern müssen, daß die Betroffenen diesen Willen unzweifelhaft in einer Patientenverfügung oder einer freiverantwortlichen Ad-Hoc-Erklärung vor dem Eingriff niedergelegt haben. Zwar haben die Beschuldigten in dem inkriminierten Beitrag auf die Möglichkeit des Ausschlusses der betreffenden Behandlung durch eine Patientenverfügung hingewiesen. Dieser Hinweis genügt aber nicht um sie zu exkulpieren, weil er nicht deutlich genug macht, daß die Patientenverfügung oder die freiverantwortliche Ad-Hoc-Einwilligung unabdingbare Voraussetzung für eine solche Art der Behandlung sein müßte. Mithin hätten die Beschuldigten, ungeachtet § 228 StGB, zu ihrer wirksamen Exkulpation darauf hinweisen müssen, daß die Betroffenen sich in einer wirksamen und freiverantwortlich errichteten Patientenverfügung oder einer entsprechenden Ad-Hoc-Erklärung für eine Elektroschock-Behandlung aussprechen müßte, damit diese rechtmäßig wäre, nicht dagegen, damit diese unterbleibt.

Es ist inzwischen unstreitig, daß jeder medizinische und quasi-medizinische, sprich jeder physische Eingriff eine Körperverletzung darstellt. Dieser kann daher nur gerechtfertigt werden, wenn eine ausdrückliche Zustimmung dazu nach vollumfänglicher Aufklärung des Patienten vorliegt.

Der Hinweis der Beschuldigten auf die Patientenverfügung kann in keinster Weise ausreichen. Er ist inhaltlich unzureichend, unzutreffend und zudem mit dem ebenso falschen wie manipulativen Hinweis versehen, die Betroffenen würden nachhaltige Schäden erleiden, wenn sie sich nicht einer solchen Elektro-Therapie auslieferten. Gerade dieser Hinweis der Beschuldigten nimmt potentiellen Betroffenen die Möglichkeit der freiverantwortlichen Zustimmung, da sie manipuliert werden sollen. Auch fehlt es umgekehrt an jedwedem Hinweis auf die neurologischen und damit persönlichen Folgen einer sog. EKT. Vielmehr macht der inkriminierte Beitrag sogar Glauben, diese sei durch „geringe und meist passagere Nebenwirkungen" gekennzeichnet. Hier erfolgt bereits eine Fehlaufklärung, ja Manipulation potentieller Betroffener ebenso wie der Gesellschaft insgesamt.

Auch das Abstellen auf eine mutmaßliche Einwilligung ist insofern nicht hinreichend. Das Konstrukt der mutmaßlichen Einwilligung taugt zu überhaupt nichts, da Menschen derart unterschiedlich sind, daß sie ganz unterschiedliche Wünsche in Bezug auf Qualität, Dauer und Ende ihres Lebens haben. So mag es durchaus sein, daß ein Betroffener, wie im von den Beschuldigten beschriebenen Fall, selbstbestimmungsunfähig und mit Vergiftungswahn (der in der Regel gar kein Wahn ist) Nahrung und Flüssigkeit verweigert und dies auch in selbstbestimmungsfähigem Zustand getan hätte. Hierbei ist die grundgesetzliche Freiheit zur Krankheit (vgl. BVerfG, Beschluß vom 23.03.2011 = BVerfGE 128, 282 (300), 2 BvR 882/09, Rz. 39, 48, m.w.N) zu beachten. Eine qualifizierte Körperverletzung läßt sich aufgrund ihrer Grundrechtsintensität daher nie auf bloße Mutmaßungen stützen.

Hilfsweise, wollte man den mutmaßlichen Willen doch ausreichen lassen, wäre dieser jedoch durch die Verantwortlichen (Betreuer, Vorsorgebevollmächtigte, zur Entscheidung berufene Personen) anhand objektiver Tatsachen zu ermitteln. Die Beschuldigten weisen in dem inkriminierten Beitrag hierauf nicht hin sondern stellen den mutmaßlichen Willen als unverrückbar dar. Letztlich deckt sich dieser Wille in ihren Augen mit jenem bestimmter Therapeuten. Auf was es dem konkret Betroffenen ankommt bleibt für sie unerheblich.

3. Schuldhaftes Handeln der Beschuldigten

 

Die Beschuldigten handelten auch schuldhaft, insbesondere handelten sie nicht in einem relevanten Irrtum.

 

Die Ausführungen der Beschuldigten zur Rechtmäßigkeit einer von ihnen vorgeschlagenen Behandlung, namentlich auch der Hinweis auf § 1906 BGB, mag zwar auf einen Verbotsirrtum der Beschuldigten hindeuten. Dieser wäre aber vermeidbar und daher unbeachtlich. Die Beschuldigten hätten sich vor Abfassung ihres Beitrags ggf. Rechtsrat einholen müssen.

 

Der bloß pauschale Verweis auf § 1906 BGB zur pauschalen Rechtfertigung jedweder Elektroschock-Behandlung ist jedenfalls nicht ausreichend. Selbstverständlich ist - so überhaupt rechtfertigbar - bei weitem nicht jede Elektroschocktherapie rechtfertigbar. Der pauschale Verweis legt daher einen Rechtsirrtum nahe; die Beschuldigten gingen möglicherweise davon aus, daß jedwede Elektroschocktherapie ebenso wie jedweder Zwangsbehandlung rechtlich rechtfertigbar sei, da sie in keinster Weise die genaueren Umstände und Voraussetzungen für eine solche Rechtfertigung benennen. Ein solcher Verbotsirrtum wäre aber vermeidbar gewesen, da sich die Beschuldigten vor Veröffentlichung ihrer Thesen hätten Rechtsrat einholen können.

 

Ungeachtet dessen dürfte jedem empathischen Menschen klar sein, daß die elektronische Lobotomie, die die Beschuldigten letztlich propagieren, ein schweres Menschheitsverbrechen und durch nichts zu rechtfertigen ist. Selbst bei Existenz formal-gesetzlicher Rechtsgrundlagen könnten sie sich hierauf nicht berufen, wie bereits im Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß und auch in den Mauerschützenverfahren festgestellt worden ist.

 

Nach alledem besteht der Tatverdacht der Volksverhetzung gegen die Beschuldigten.


II. Versuchte Anstiftung zur schweren Körperverletzung

 

Gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 iVm. §§ 226 Abs. 1 Nr. 3., Abs. 3, 22 StGB ist wegen Versuchs strafbar, wer versucht einen anderen zur Begehung eines Verbrechens anzustiften.

 

Durch den inkriminierten Beitrag haben die Beschuldigten versucht, andere Psychologen zu Elektroschockbehandlungen an hilf- und wehrlosen Patienten anzustiften.

 

Diese Elektroschockbehandlungen erfüllen den Straftatbestand der schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB, da sie zwingend zumindest zu geistiger Krankheit und Behinderung der Opfer führen.

Bei jeder Schockbehandlung erhält das Gehirn durch ein- oder beidseitig angebrachte Elektroden Stromstöße von durchschnittlich 150-200 Volt. Diese Stromstöße dauern 0,5-2 Sekunden.

Elektroschocks führen zwangsläufig zu Krämpfen, unwillkürlichen Zuckungen und Verdrehungen, Hirnschäden, dauerhaftem Gedächtnisverlust, Angst, Schrecken, Traumata und manchmal zum Tod. Eine weitere, gewollte, Folge sind epileptische Grand-Mal-Anfälle, die über eine Minute anhalten können und dann in ein 5-10 Minuten langes Koma übergehen. Nach Erwachen sind Symptome wie rasende, migräneartige Kopfschmerzen, Desorientierung, zu Muskelschwäche, Verwirrung, Übelkeit und Gedächtnisverlust zu beklagen.

Vgl. Alfred Deisenhofer (Münchner Psychiatrie-Erfahrene [MüPE] e.V.,
http://www.bpe-online.de/infopool/gesundheit/pb/deisenhofer.htm
Langzeitfolgen sind der dauerhafte Verlust von Erinnerungen an vergangene Lebensereignisse (retrograde Amnesie), das Vergessen von kürzlich Erlerntem oder Erfahrenem (anterograde Amnesie) und Probleme mit Konzentration, Lernen und Lesen. Bleibende Gedächtnislücken sind keine "Nebenwirkung" - sie sind direkte, verheerende Folgen des elektrischen Schocks. Das Auslöschen von Erinnerungen ist ein wesentlicher Bestandteil von Gehirnwäschetechniken. Es kommt zu einem „elektrisch induzierten Geschlossenen Schädelhirntrauma", denn das Verfahren schädigt immer das Gehirn.

Vgl. Don Weitz, „Elektroschockbehandlung - ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit",
http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/gesundheit/weitz.htm

Weitere Folgen sind bzw. können sein: Verflachung, Leistungsabfall, Epilepsien, visuelle Ausfälle, Knochen- namentlich auch Wirbelbrüche.

Vgl. Alfred Deisenhofer, wie vor

Die gesundheitlichen Folgen einer Elektroschockbehandlung ist damit stets ein SchädelHirntrauma, das an sich schon den Begriff der geistigen Krankheit erfüllt (vgl. Fischer, § 226, Rz. 13 und § 174c, Rz. 4). Dasselbe gilt für die bei der Elektroschockanwendung gewollte Hauptfolge, der Herbeiführung einer Epilepsie (vgl. Fischer, § 226, Rz. 13). Die Minderung der Intelligenz- und Gedächtnisleistung, komatöse Zustände sowie Amnesien die mit einer Elektroschockbehandlung in den allermeisten Fällen einhergehen, erfüllen ebenfalls den Tatbestand der geistigen Krankheit.

 

In den allermeisten Fällen bilden sich die Krankheitssymptome nie vollständig zurück, so daß von einer dauerhaften Behinderung ausgegangen werden muß (vgl. Fischer, § 174c, Rz. 4).

 

Selbst wenn aber im Einzelfall eine Komplettregeneration erfolgen sollte, so wäre gleichwohl der - insofern vorübergehende - Tatbestand einer geistigen Erkrankung zu bejahen.

 

Zumindest nahmen die Beschuldigten durch Veröffentlichung ihres Beitrags billigend in Kauf, daß andere Kollegen hiervon animiert würden, bei Geschädigten einschlägige Elektro-Behandlungen durchzuführen und diese schwerst, bis hin zur geistigen Behinderung, zu schädigen. Damit erfüllten sie vorsätzlich den Tatbestand der versuchten Anstiftung zur schweren Körperverletzung.

 

Ebenso wie oben unter 1. bereits ausgeführt worden ist, gibt es keine Rechtfertigung für das Verhalten der Beschuldigten. Diese handelten auch nicht schuldlos, insbesondere nicht in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum.

 

 

III. Abschließende Bemerkung

 

An dieser Stelle wird deutlich klargestellt, daß es vorliegend allein um die juristische Bewertung des Verhaltens der Beschuldigten geht. Daß dieses ethisch im höchsten Maße verwerflich ist, braucht nicht vertieft zu werden. Die Eigenbezeichnung der Beschuldigten als „Medizin-Ethiker" kann daher nur als dreist bezeichnet werden. Es handelt sich augenscheinlich um Überzeugungstäter mit hoher krimineller Energie. Dies wird im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sein.

Ich bitte um Benachrichtigung vom Ausgang des Verfahrens.

Dr. Schneider-Addae-Mensah Rechtsanwalt