Bundesarbeitsgemeinschaft
Psychiatrie-
Erfahrener e.V.
Nächste Mitgliederversammlung:
Dienstag, den 4.2.2025 um 17h
Sendung
des „Dissidentenfunk“ zum Thema mit Interviews mit dem OLG Celle
und dem Direktor
des deutschen Instituts für Menschenrechte
Das
Urteil im rtf Format zum downloadenOLG
Celle
Urteil gegen Zwangsbehandlung:
ein fantastischer Sieg der Grundrechte:
„…ist eine
Zwangsbehandlung auf betreuungsrechtlicher Grundlage rechtlich nicht zulässig
und daher nicht genehmigungsfähig.“Ein
erläuternder Kommentar zu dem Urteil von
R.A. Thomas Saschenbrecker,
Rechtsexperte im Betreuungs- und Unterbringungsrecht:Das Urteil
ist in zweifacher Hinsicht von weitreichender und für das Betreuungsrecht
tragender Bedeutung:Zum einen wird
eine zwangsweise Behandlung mit Neuroleptika und anderen Medikamenten im
Rahmen einer stationären Unterbringung ausgeschlossen, wenn der erklärte
Wille des Betroffene entgegensteht, womit insbesondere eine Unterbringung
zum Zwecke der Heilbehandlung nur noch dann möglich sein wird, wenn
der Betroffene generell in eine solche Therapie einwilligt.Zum anderen
wird die Privatautonomie eines Betroffene nochmals im Anschluss an die gesetzlichen
Neuregelungen zum Betreuungsrecht erheblich gestärkt. Der so schon
im Vorfeld vor einer anstehenden psychiatrischen Behandlung geäußerte
Wille eines Betroffenen in einer Vorsorgevollmacht oder einer Patientenverfügung
ist für die behandelnden Ärzte verbindlich und muss künftig
auch in Gutachten zu Fragen des Betreuungsrechts, die vom Gericht in Auftrag
gegeben werden, hinreichend berücksichtigt werden.In Zukunft
werden sich auch behandelnde Ärzte in psychiatrischen Anstalten genau
damit auseinandersetzen zu haben, was auch
der aufgrund eines Gerichtsbeschlusses untergebrachte Patient wünscht
und ablehnt. Zwangsbehandlung ohne bzw. gegen den erklärten Willen
eines Betroffenen dürften mit diesem Urteil abschließend ausgeschlossen
sein.Die häufig
gerade im Betreuungsrecht kritisierte allumfassende Vernunftshoheit der
Ärzte als „Richter in Weiß“ gehört damit endgültig
der Vergangenheit an und auch der „psychiatrische Patient“ kann
sich erfolgreich auf seine Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit
berufen. Verhaltensweisen der Ärzte gegen den erklärten Willen
eines Patienten etwa durch Anwendung von Zwang zur Verabreichung von Medikamenten
werden künftig ein Korrektiv dahingehend erfahren, dass sich behandelnden
Ärzte in einem solchen Fall, wie sonst in der Medizin üblich,
dem Verdacht eines strafbaren Handelns aussetzen.
Von gewisser
Tragweite wird die Entscheidung auch hinsichtlich der künftigen Kostentragung
stationärer psychiatrischer Behandlung sein. Voraussetzung für
eine Kostenübernahme durch private und gesetzliche Krankenkassen als
Kostenträger ist stets ein therapeutisch-pharmakologischer Ansatz bei
der Behandlung einer Krankheit. Soweit ein Patient Therapien ablehnt, die
nach ärztlichem Dafürhalten veranlasst wären, kommt eine
Kostentragung nicht mehr in Frage.Dann aber werden
stationäre Aufenthalte in psychiatrischen Anstalten gegen
den Willen des Patienten ohne pharmakologische Therapie auf Dauer drastisch
verkürzt, da zunehmend festzustellen sein wird, dass die Krankenkassen
im Hinblick auf die ohnehin hohen Kosten im Gesundheitswesen und im besonderen
auf dem psychiatrischen Bereich Zahlungen für Aufenthalte mit
reinem Verwahrcharakter eines Patienten verweigern werden.30.9.2005
Thomas Sachenbrecker
Dieser erfreuliche
Zusammenbruch des psychiatrischen System war schon 2003 befürchtet
worden, wie es der Bericht der niedersächsischen Besuchskommison auf
Seite 10 offenbart: http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C3878667_L20.pdfZitat daraus
Auf Anregung einer Autorengruppe, bestehend aus leitenden Mitarbeitern
der Medizinischen Hochschule Hannover und Vormundschaftsrichtern des Amtsgerichts
Hannover, hat sich der Ausschuss mit der Frage der Zwangsbehandlung im Rahmen
von Betreuungen beschäftigt. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 11. Oktober 2000 (Az. XII ZB 69/00), nach der eine
ambulante Zwangsbehandlung im Rahmen einer Betreuung unzulässig ist.
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat die Autorengruppe zu Recht auf
eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den Bereich der stationären
Zwangsbehandlung hingewiesen. Während ein Teil der Rechtsprechung die
stationäre Zwangsbehandlung im Rahmen einer Betreuung unter bestimmten
Umständen für rechtmäßig erachtet, gehen andere – unter
Berufung auf die BGH Entscheidung insoweit von der vollständigen Unzulässigkeit
von stationären Zwangsbehandlungen aus. Eine Klärung dieser wichtigen
Streitfrage wird voraussichtlich erst durch eine weitere Entscheidung des
Bundesgerichtshofs zu erwarten sein. Ggf. wird aber auch eine Regelung dieser
Frage durch den Bundesgesetzgeber im Rahmen des vom Bundesrat in den Bundestag
eingebrachten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes erfolgen (vgl. dort
§ 1906a).Genau eine
solche Änderung des Betreuungsrecht wurde von allen Parteien des Bundestages
abgelehnt und damit positiv ein Votum gegen Zwangsbehandlung als solche
vom Vertreter des Souveräns ausgesprochen – Hurra!
(Für
die Medien: wir vermitteln gerne Interviews mit dem Kläger, der dieses
Urteil durch das beharrliche Bestehen auf seine Grundrechte erwirkt hat)
17 W 37/05 5 T 119/05 Landgericht H. 72 XVII F 447 Amtsgericht H.
In der Betreuungssache
– Betroffener Verfahrensbevollmächtigte: Beteiligte : 2. S. J., xxx Straße 3. Landeskrankenhaus wegen Genehmigung hat der 17. Zivilsenat
Gründe : I. Am 4. März 2005 Das Amtsgericht hat darauf hin sogleich im Rahmen der Anhörung am II. a) Entgegen Der Senat folgt insoweit der Auffassung, nach der In seiner Entscheidung b) Die vorstehende Aus den vom Gericht Zu Recht beanstandet c) Um der 5. III. B. |